Meine Lebensgeschichte

von

Susanne Spitz

MACHEN ist ein sehr starker Trigger in meinem Leben. Und wenn ich darüber nachdenke ist es …

… mein Glaube ans MACHBARE.

Meine frühesten Erinnerungen habe ich aus meinem dritten Lebensjahr. Wir sind damals in unser Haus in München-Pasing gezogen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Baustelle. Ich fand das riesig spannend! Wenn ich an meine Kindheit denke, kommt mir als erstes mein Papa in den Sinn, der immer irgendetwas gemacht hat. Entweder er war außerhaus arbeiten – oder er hat im Garten, der Garage, am Haus, im Keller, einfach irgendwo gewerkelt. Eine andere feste Größe ist das Bügelzimmer meiner Oma. Dort gab es natürlich das Bügeleisen, aber auch eine Nähmaschine und gaaanz viele Knöpfe und Perlen. Ich habe dort oft Stunden zugebracht und sortiert, gespielt, Muster gelegt.

Susanne Spitz Nähmaschine

„Mit fünf saß ich zum ersten Mal an Omas Maschine und habe meinem Hasen „Lulatsch“, den mir eine meiner Großtanten gestrickt hatte, einen Rock genäht. Hase und Rock habe ich noch heute :)“

Mit sieben habe ich mit meinem Papa zusammen aus den Holzresten, die beim Bau der Gartenhütte übrig geblieben sind, eine Bank gebaut. Mir hat es einfach schon sehr, sehr früh viel Freude gemacht, Ding zu erschaffen.

Schule fand ich auch prima. Insbesondere Mathe. Aber kurz vorm Abitur war ich mir sicher, dass ich mich jetzt nicht weiter mit Theorie plagen wollte. Ich wollte etwas TUN. Ich wollte Handwerkerin werden. Mein Vater verbot mir damals in seine Fußstapfen zu treten und eine Maler- und Lackierer-Lehre zu machen. Das sei nichts für Mädels. Der Umgangston am Bau zu rau.

Wie hast Du Dich und deine Bestimmung gefunden?

In der zwölften Klasse – damals also noch ein Jahr vor dem Abitur – stand ich also irgendwann vor der Wahl: Goldschmiedin oder Schneiderin.

Ich war mir damals sicher, ich würde einen Mann kennenlernen und später auch ehelichen, der beruflich sehr engagiert sein würde. Ich träumte von vier Kindern und sah mich in der Rolle der “Privat-Sekretärin”. Ein Mann, der viel unterwegs ist, braucht ein zu Hause, das ihm ein Hafen und eine Heimat ist. Ich stellte mir vor, dass ich dafür sorgte, dass seine Garderobe immer bereit steht, ich unsere privaten Termine koordinierte und wir – wenn er nicht gerade außer Landes wäre – ein vielseitiges gesellschaftliches Leben führen würden.

Damit die vier Kinder gut aufgehoben sind, mir aber niemals droht langweilig zu werden, sollte es also ein Beruf sein, den ich selbst gestalten und zu Hause ausführen könnte. Ja, man kann sich eine Goldschmiede Werkstatt in eine Wohnung oder ein Haus bauen. Doch ein Kleinkind hatte dort nichts verloren: offenes Feuer, Späne von Metallen und vor allem auch Säuren – das ist zusätzliches Gefahrenpotential. In einer Schneiderwerkstatt hingegen findet man eine Nähmaschine, Scheren, Nadeln und ein Bügeleisen. Diese Dinge finden sich quasi in jedem Haushalt wieder. Keine zusätzliche Gefahren für krabbelndes Kindervolk – perfekt – genommen!

So kam ich also zu meinem Beruf. Ich hatte mir nie Gedanken gemacht, ob das mein „Traumberuf“ sein könnte. Ob das etwas mit „Berufung“ zu tun hat.

„Heute sage ich: Ich habe den schönsten Beruf der Welt …“

Susanne Spitz

… denn ich darf Dinge erschaffen. Ich erschaffe Garderobe für andere Menschen, die deren Persönlichkeit unterstützt, deren Lieblingsfacette unterstreicht und diese Menschen zum Strahlen bringt.

„Wenn mir eine Kundin mit Freudentränen um den Hals fällt … Welches Lob ist größer? “

Ich absolvierte also nach meinem Abitur 1996 eine Lehre zu Damen-Maßschneiderin bei Barbara Bachmann in München. Ich weiß noch, dass ich nach drei Monaten fast hingeworfen hätte. Ich weiß nicht mehr warum, aber es war mir alles einfach zu viel. Langweilig! Anstrengend. Retrospektiv vermute ich: Ich war arbeiten nicht gewohnt 😉 Mein erster Auftrag war schuld an meiner baldigen Selbständigkeit: Kurz nach Beendigung meiner Lehre sollte ich für die Hofdamen der Narrhalla München ein Dutzend Abendkleider nähen. Das waren damals 10.000,– DM. Mein Vater erklärte mir, dass man so eine Summe unmöglich schwarz einstreichen könne.

Also zog ich los auf KVR und holte mir meinen Gewerbeschein. Ich arbeitet noch bis 2004 als Freelancerin für andere. Danach hatte ich genügend Kunden angesammelt um mich über Wasser zu halten. 2009 stellte ich die erste Auszubildende ein. Bis 2011 war mein Atelier immer ein Raum meiner Wohnung. Im April 2011 verlegte ich das Atelier in eine Ladenfläche – ausschlaggebend für diesen Schritt war, dass mein Lieblingsstoffladen in Erlangen wegen Alters und fehlender Nachfolge schloss. Also war die Idee, die restlichen Stoffe zu übernehmen und somit den ein oder anderen Kunden.

„Eine super Entscheidung! Das war der Turbo-Buster für mein Atelier.“

2012 hatte ich die Möglichkeit das „Kunsthandwerk“ zu übernehmen. Ein alteingesessener Einzelhandel, der mit Schmiedeeisenem und Töpferware gestartet war und inzwischen vor allem Accessoires und Wohnambiente verkaufte Ende 2013 zog das Atelier nochmals um. Heute habe ich in Erlangen ein Atelier mit drei Mitarbeiterinnen auf 130 qm. Außerdem das Einzelhandelsgeschäft – am anderen Ende der Fußgängerzone – mit fünf weiteren Teilzeitmitarbeiterinnen, das inzwischen „Bellaventi“ heißt und zusätzlich zu Accessoires und Wohnambiente auch Wein und Delikatessen führt.

Wie kann ich mir deinen Alltag vorstellen?

Alltag? Habe ich keinen 🙂 Wenn man sein Hobby zum Beruf macht, wenn man einen Job hat, der einem so viel Freude macht, dann arbeitet man eigentlich nie – oder eben immer.

Ich habe keine Kinder, keinen Mann – aber einen Hund: Coco. Einen Hund wollte ich nie. Keine Zeit, eine Wohnung ohne Garten. Doch dann suchte meine Nachbarin eine Tagesmutter für ihren Hund. Von der Tagesmutter zur Urlaubsvertretung ist es ein kleiner Schritt und zu guter Letzt holte sie Coco gar nicht mehr ab. Also habe ich seit bald drei Jahren eine kleine Schnauze, die ich um kein Geld der Welt missen möchte.

Das Schöne am selbständig sein ist natürlich die zeitliche Freiheit. Es ist meinen Kunden völlig egal, ob ich ihre Garderobe nachts um drei anfertige, morgens um sieben oder nachmittags um fünf. Daher habe ich mir meinen Tag so eingeteilt, dass er zu meiner „eigenen Uhr“ passt. Ich stehe zwar meist schon um halb sieben auf, bin aber selten vor neun Uhr im Atelier – und das sind nur fünf Minuten zu Fuß. Morgens erledige ich gerne Büroarbeit, schreibe an meinem Blog oder bleibe einfach im Bett und lese. Das dann mit dem schönen Gefühl von „bääätsch! Ich mach das jetzt einfach!“

Es gibt Tage und Wochen, da bin ich fast ausschließlich im Atelier. Dann gibt es Zeiten, in denen ich sehr viel unterwegs bin: Frankfurt, München, Hamburg, Karlsruhe… überall dort, wo unsere Kunden zu Hause sind. Anders die Wochen vor Weihnachten: Hier findet man mich sehr viel im Bellaventi – denn dann ist dort Hochsaison. Diese „Unruhe“ ist prima, denn ich langweile mich schnell. Coco ist immer mit dabei – das ist eine ganz sichere Konstante. Neben Atelier und Bellaventi bin ich auch immer wieder in irgendwelche Projekte involviert: Da könnte ich jetzt ein Buch drüber schreiben. Ich habe schon bei Filmdrehs von Freunden geholfen, es gilt immer mal wieder Veranstaltungen auch für Atelier und Bellaventi zu organisieren, ich bin in der Stadtpolitik in Erlangen engagiert, bin aktiv in einer Werbegemeinschaft, habe über Jahre hinweg Kasse bei den Disco-Veranstaltungen verschiedener Freunde gemacht, durfte mit einem Freund ein erfolgreiches Crowdfunding umsetzen (www.keyve.de) … Irgendwas ist immer.

Was sind deine wesentlichen Motivationen? Was macht dein Leben aus?

Die Fragen sind echt gut! 🙂

Ich glaube MACHEN ist ein sehr starker Trigger in meinem Leben. Und wenn ich darüber nachdenke, ist es mein Glaube ans MACHBARE. Ich habe unendliche Freude daran, Dinge umzusetzen, bei denen andere sagen „Glaube nicht, dass wir/ich/Du/man das hinbekommt.“ Das ist also einmal die Challenge mit mir selbst: „Kannst Du das? Bekommst Du das so hin, wie Du Dir das vorstellst?“ und zum anderen will ich anderen zeigen, was sie erreichen können, wenn sie nur den ersten Schritt tun.

Hochaktuelles Beispiel: Es kam am 30.3. die Idee auf, dass es doch voll cool wäre, wenn wir für unsere Werbegemeinschaft zum Comic-Salon (größte Comic Veranstaltung Deutschlands – Ende Mai 2016) einen Comic hätten, der sich von Schaufenster zu Schaufenster liest und sich um Erlangen dreht – am besten noch um unser Logo, die Markgräfin. Die ersten Reaktionen aus der Gruppe waren „ja, aber …“ – zu wenig Zeit, kein Geld, wer soll das machen … Es gab aber auch Reaktionen, die da hießen: „Ich kenn da vielleicht jemanden.“ Irgendwann waren wir uns einig, dass die, die jemanden kennen, einfach mal fragen. Dann klärt sich „zu wenig Zeit, kein Geld, wer soll das machen …“ schon so oder so. Tja, im Moment – wir sind jetzt eine Woche später – müssen wir uns entscheiden, wer uns den Comic zeichnen soll. Welches Angebot uns besser gefällt. Und was wir an Zusatzideen aus dem „Comic-Lager“ noch aufnehmen wollen. Keine Frage – unsere Truppe strahlt, ist begeistert und voll motiviert.

Ich selbst bezeichne mich als schlechten Team-Player. Ich hasse es, von anderen abhängig zu sein, auf Arbeitsschritt anderer warten zu müssen … Darum bin ich in die Selbständigkeit „geflüchtet“. Das coole ist nun, dass es den anderen unserer Werbegemeinschaft ganz ähnlich geht. Und somit sind wir das beste Team, das man sich wünschen kann. Natürlich gibt es auch hier Reibereien, Schwarzmaler, Bremser … Aber egal. Mein Vater würde jetzt sagen: „Nicht nach unten orientieren!“ Also gucke ich auf die, die mit mir an einem Strang ziehen, die das sogar noch besser machen als ich. … und bade mit diesem Team in der Welle aus Euphorie, wenn eine Idee mal wieder richtig grandios einschlägt. Und ja, ich glaube, das war schon immer so. 🙂

Was ist für Dich Leben?

Leben ist eine Fülle an Möglichkeiten. Leben bedeutet für mich Erfahrungen zu machen. Ich glaube auch, dass das der Sinn des Lebens ist. Ich kann über nichts urteilen, dass ich nicht selbst erfahren habe. Ich kann mir Gedanken machen, wie ich reagieren würde, wäre ich an der Stelle eines anderen, aber Gewissheit habe ich erst, wenn ich die Erfahrung selbst durchlebt habe.

Leben ist nicht gut oder schlecht. Umstände können glücklich sein oder auch bremsend. Wichtig ist anzunehmen, was immer da kommt und dann das Beste daraus zu machen. Das Glas ist immer halb voll! Ohne traurige Momente, schmerzvolle Erfahrungen – könnte ich wissen was Glück und Zufriedenheit ist?

Es ist paradox: Einerseits ist es mir so wichtig, dass mich andere mögen, dass ich andere mit den Klamotten, die ich zaubere glücklich mache – andererseits bin ich die letzte Instanz und dann ist es mir egal, was andere denken. Denn ICH muss mich im Spiegel ansehen können. Was bringt es mir, wenn mir andere zu jubeln, aber ich mich vor mir selbst verstecken muss, mich vor mir selbst ekele? Daher heißt für mich „meinem Herz zu folgen“, dass die Dinge, die ich denke, sage oder tue, immer in Einklang mit meinen Werten sind. Klar, klappt nicht immer. Aber immer besser und immer öfter. – Ich glaube nämlich, dass wird Kindern nicht oft beigebracht 😉

So bedeutet „meinem Herz zu folgen“ auch, dass für mich nur eine Beziehung in Frage kommt, die aufrichtig, ehrlich und gleichwertig ist.

Wie viele Tränen habe ich vergossen, weil es bei mir in Sachen Beziehung nie so laufen wollte, wie ich mir das vorgestellt hatte? Weil es nicht mein Kind war, was da eingeschult wurde? Wie oft erwische ich mich noch heute dabei, mich zu fragen: „Was ist mit Dir falsch?“ Derweilen kenne ich die Antwort: Es ist nichts falsch – ich will mich nur selbst nicht bescheissen. – Man möge mir diesen Ausdruck verzeihen. Es geht gar nicht darum, dass ich nicht den „perfekten Partner“ gefunden hätte – ich möchte nicht in einer Beziehung sein, in der ich benutzt werde. Ich möchte nicht mit einem Feigling zusammen sein. Ich möchte mich nicht verbiegen müssen. – was nicht heißt, dass ich nicht bereit wäre Kompromisse zu schließen. Ich glaube daran, dass eine aufrichtige Partnerschaft ähnlich funktioniert, wie eine langjährige gute Kundenbeziehung: Man pflegt sie. Man arbeitet daran. Beide Parteien sind verantwortlich und bringen ihren Teil ein.und ja, es macht mich auch heute noch traurig, dass mir dieser Partner noch nicht begegnet ist, dass ich wohl keine Kinder mehr gebären werde – aber hey! Dafür ist meine Figur noch tipp-topp 🙂 … und natürlich gibt es unzählige Momente, in denen ich einen Partner an meiner Seite vermisse. Da helfen dann auch die allerbesten Freunde und selbst Coco nicht drüber hinweg.

Was war deine schlimmste Situation, die sich im Nachhinein als besonders wertvoll herausgestellt hat?

Puh! Ist die schlimmste Situation mit einer Alkoholikerin und einem Feigling als Elternteile aufzuwachsen?

Irgendwann zu verstehen, dass man schon lange den Platz des Kindes verlassen hat und auf seelischer Ebene die Rolle der Partnerin des Vater eingenommen hat? – Das wohl wertvollste Nachhinein ever: ICH. Ich wäre heute doch nicht die, die ich bin, wären meine Eltern anders gewesen. Also bin ich froh um das alles. Ist die schlimmste Situation, dass mich der Mann, der mich genauso geliebt hat, wie ich von einem Mann geliebt werden wollte, plötzlich verlassen hat? – Ohne diese wirklich traumatische Situation hätte ich ganz viel meiner selbst nie kennen gelernt. Die Folge aus diesem „Desaster“ war ein ganz neues Selbstverständnis, ein neuer Wohnort, Freiheit, Stärke und Unabhängigkeit – also Danke Dir, Peter!

Einen Alkoholiker zum Elternteil haben, bedeutet, ein Elternteil ist emotional nie anwesend. Ich habe also eine ganz komische Vorstellung von Beziehung kennen gelernt. Meine Welt war von „Du bist wert, was Du leistest!“ geprägt. Das hat sich dann auch in meinen ersten eigenen Beziehungen gezeigt. Ich habe mir da viel Zuneigung „erarbeitet“. Peter war der erste Mann, der mir das Gefühl gab, dass es um mich als Person ging. Nicht um das, was ich tat. Doch ich sollte noch mehr lernen dürfen. Das Leben wollte mir die Möglichkeit geben nicht nur zu wissen, wie es ist um eines selbst Willens geliebt zu werden, sondern auch daran zu glauben und es zu wissen, dass ich es selbst wert bin um meinetwillen geliebt zu werden – Ein riesen Unterschied! Dass es „schwierig“ ist, wenn der Mensch, der mir näher war, als jeder davor, plötzlich aus meinem Leben verschwindet, ist wohl klar. Ich habe ein halbes Jahr vor mich hin geheult. Zum Glück hatte ich aber schon fünf Jahre bevor ich Peter kennenlernte Sigrid kennen gelernt. Sigrid war Kinesiologin und Tanztherapeutin. Sie hatte mir bereits Anfang 2000 in einigen weniger schönen Situation mit meinen Eltern geholfen. Und sie brachte mich auch durch die Zeit nach Peter. Leider ist sie vor drei Jahren mit gerade mal 53 Jahren verstorben. Sigrid ist sicher eine der Personen, die mich geformt haben. Danke Dir, meine Liebe! Es ist mir eine Ehre, dass ich Dich kennen lernen durfte.

Mit 19 Jahren bin ich das erste Mal zu Sigrid gegangen. Durch sie lernte ich auch andere Menschen kennen, die mir weiterhalfen. Inzwischen – 20 Jahre später – ist es für mich ganz normal einen „Beraterstab“ zu haben. Für mich ist es einfach wichtig, Ansprechpartner zu haben, wenn ich in irgendeiner Weise in Schieflage gerate. Wenn man sich ein Bein bricht, geht man zum Chirurgen. Für „seelischen Husten“ gibt´s halt andere Adressen :-)!

„Warum jeder von uns diese schwierigen Zeiten erlebt? Wachsen.“

Und das ist jetzt wirklich eine Glaubensfrage: Ich glaube, dass der Mensch überhaupt keine Ahnung hat, was er alles kann und ist. Mich hat da ein Buch sehr beeindruckt: Neale Donald Walsh – Gespräche mit Gott. Dort wird eine Theorie über Gott, die Erde und die Menschen dargelegt, die für mich alle Fragen klärt: Wenn Gott der Anfang und das Ende ist, das Alles und Nichts, wenn Gott allmächtig ist und er das einzige ist, was war, dann ist das ganz schön langweilig. Gott wusste zwar, dass das so ist, aber mehr gab es auch nicht zu tun. Da ist einer, der ist alles und kann alles – und sonst gibt es nichts. Doof. Gott wollte nicht nur wissen, er wollte es erfahren, er wollte es spüren und sehen, verstehen und wahrnehmen, dass er das ist, was er ist. Also machte sich Gott das größte Geschenk, dass er sich machen konnte. Er zerteilte sich in Alles: In oben und unten, in die Erde und das Weltall, in Mensch und Tier, in Luft und Wasser. Uuuund er ließ sich vergessen, was er getan hatte – denn sonst wäre es immer noch reichlich langweilig gewesen. Er wagte den Bungee-Sprung ohne nachzusehen, ob er angeleint ist. Und siehe da, nun konnte er sich erfahren als klein und groß, dick und dünn, schlau und dumm, Mensch, Tier, Sonne, Licht, Stein, anständig, zornig, liebend, schaffend, zerstörend. Dieser Theorie zu Folge sind wir und ist alles göttlich – und das einzige Ziel ist Erfahrung. Und zu guter Letzt:

Susanne Spitz

„… wachsen – mich wieder erinnern, dass ich ein Teil des ganzen Großen bin. Dass ich nicht „fehl gehen“ kann.“

Nun der Bogen zurück: Das Leben versucht es immer erst mit einem zarten Hinweis, doch come on – wir wissen das Alle – darauf reagieren die wenigsten. Also klopft es lauter an und hinterher sind es die „schwierigen Zeiten“, die nötig sind, damit ich mich endlich bequeme zu erfahren, zu verstehen, zu wachsen, mich zu erinnern.

Puh, ich habe keine Ahnung, ob ich mich irgendwie verändert hätte. Verändert seit wann? Ich kann jetzt laufen, im Vergleich zu meinem „halbten Geburtstag“ 🙂

Ich habe mich schon immer als „anders“ in Erinnerung. Schon zu Schulzeiten. „Anders“ aber immer als „normal“ – ich fand und finde mich nicht „besonders“. Obwohl ich doch oft höre, ich würde dieses oder jenes toll machen, wäre toll – lauter so schöne Dinge 😉 Mein Umfeld hat in der Schulzeit mit Ausgrenzung, Spott und Häme reagiert. Aber auch mit Vertrauen. Ich habe mir zu manchen Themen Meinungen gebildet. Ich habe wunderbare Schubladen in die ich Dinge und Menschen stecke. Ich liebe Ordnung. Wichtig ist mir, dass meine Schubladen immer leichtgängig sind, denn oft möchte ich den Schubladeninhalt umsortieren.

Mein Umfeld ändert sich wohl mit mir. Klar sind viele Menschen, mit denen ich vor 20 Jahren zu tun hatte, heute kein Teil meiner Lebens. Mit den wenigen, mit denen ich noch Kontakt habe, verbindet mich Achtung und Vertrauen. Ich schreibe hier über eine Hand voll Menschen, die mich schon so lange begleiten. – Ich werde die mal fragen, in wie fern ich mich denn verändert habe. Das ist von außen sicher leichter zu beschreiben. Ich habe nicht einmal das Gefühl, dass mir früher andere Dinge wichtiger waren als heute. Okay, mit 14 war der Tanznachmittag total wichtig … Meine Werte haben sich nicht geändert.

„Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität – ich glaube das sind meine drei wichtigsten Gradmesser.“

Wichtig sind mir mein Schlaf und Zeiten in denen ich alleine bin. Manchmal ziehe ich Energie daraus, mich völlig zu verausgaben. Ich hoffe, dass ich inzwischen aufmerksam genug bin, dabei die Waage zu halten 🙂 – hatte ich auch schon, dass ich dann mal für fast sechs Monate so ne Art „Vorstufe zum Burn out“ hatte. Braucht kein Mensch – super Erfahrung – man muss nicht jede Erfahrung wiederholen. Aus Gesprächen und Unternehmungen mit anderen Menschen. Aus dem Genuss von gutem Essen – am besten wieder in Kombination mit lieben Menschen und guten Gesprächen 🙂

Was bedeuten für dich Begegnungen und Menschen allgemein?

Das ist Leben.

Ohne Begegnungen – und zwar bitte echte, die sich nicht nur auf Oberflächlichkeiten beschränken – wäre das Leben… ja was denn? – nichtig. Dann hätte sich Gott nicht zerteilen müssen und ich wäre ein singuläres Alles geblieben. Da meines Erachtens der Sinn des Lebens ist, Erfahrungen zu machen, sind Begegnungen essentiell. Begegnungen kann ich auch mit Natur und Tieren haben. Andere Menschen bieten noch ganz andere Ebenen, als die Begegnung mit Tier und Natur. Daher bedeuten mir Mensch viel – zumal nach meinem Verständnis für alles Dasein, jeder Mensch, jedes Wesen und jedes sein lediglich eine Facette von mir sind. Würden mir also Begegnungen und Menschen nichts bedeuten, würde ich mir selbst nichts bedeuten – würde ich mich selbst verleugnen. Und war es nicht Kant der sagte „am Du wirst Du zu ich“? Ich kann nur wissen, wer ich bin, wenn ich in Begegnungen – mit anderen Menschen – erkenne, was ich nicht bin.

Woher weißt du, was dir und wer dir gut tut und was auch nicht?

Spürt man das nicht einfach? Ja, manchmal weiß ich es nicht sofort – das ist dann bisschen, wie wenn man einem falschen Propheten folgt: Da erzählt mir jemand was, was ich per se interessant finde.

Wenn das ein Mensch ist, der mir nicht gut tut, spüre ich meist gleich so ein Stocken, ein Ziepen, irgendwas reibt sich in mir ganz unschön. Immer seltener passiert es mir, dass ich mir denke: „Vielleicht gefällt mir nur nicht, was er sagt, weil es mich betrifft?“ Ich kann mich ad hoc nicht erinnern, dass sich mein Bauch schon geirrt hätte. Eher ebenso herum, dass ich dachte „naja, vielleicht hat der ja recht …“ und mir drei Tage nen Kopf gemacht habe, was bei mir falsch läuft, statt gleich auf meinen Bauch zu hören und zu denken: „Alles klar, bei dem ist was schief gewickelt“.

Genauso ist es mit den Dingen, die mir nicht gut tun. Ich spüre es. Ich weiß es. Meine Lieblingsfalle ist „zu viel tun, zu wenig sein“ 🙂

Ich bin ein alter Aktionist. Doch toi, toi, toi mit zunehmendem Alter und somit zunehmender Erfahrung werde ich klüger und sorge dafür, dass ich meine Ruhezeiten habe. Na und dann gibt es noch so ganz profane Dinge: Ich vertrage kaum Alkohol. Also trinke ich im Schnitt einmal im Monat was. Vielleicht sogar seltener. Und dann bitte leckerste Weine zu bestem Essen. Fusel wäre ja mal völlig bescheuert. Die letzte Kategorie ist ganz einfach: ich vertrage keine Kohlensäure – mir schmecken Getränke mit Kohlensäure nicht – ich lass es einfach sein. Einfach, oder?

Manchmal verfalle ich dem Gedanken, ich müsste dieses oder jenes tun, weil es jetzt „politisch“ gut wäre. Kennt wohl jeder. Auch hier hat sich gezeigt: Was ich nicht mag, ist verschwendete Zeit. Also mache ich zu 95% der Zeit genau das, worauf ich Bock habe. Warum da 5% übrig sind? Nun ja, wenn ich ein Hochzeitskleid in Auftrag habe und der Hochzeitstermin steht an – ich habe aber just in dem Moment keine Lust das Kleid fertig zu stellen, sondern bilde mir ein ich möchte lieber wandern gehen – das sind Momente in denen ich der Disziplin und Verantwortung, die mich meine Eltern lehrten, dankbar bin. Denn das wäre nicht mehr „gesund“ sondern „borniert“. Jetzt die Hochzeiterin zu versetzten wäre eine dumme Arroganz. Keine gute Idee. Außerdem macht die Freiheit, die ich mir nehmen darf, doch doppelt viel Freude, wenn ich noch weiß, wie es ist, mal auf sie verzichten zu müssen 🙂

Was berührt Dich? Was findest Du ganz wundervoll?

Ich glaube, ich darf über mich sagen, dass es oft schon die kleinen Dinge sind. Bei mir reicht ein Sonnenuntergang – ich bekomme Gänsehaut und habe Pipi in den Augen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich so gestrickt bin. Das hat mir in sogenannten „schweren Zeiten“ das Leben erleichtert. Solange man noch etwas Schönes sehen kann, geht es weiter. Ich finde da immer viel in der Natur. Mein Hund Coco gehört in die Gruppe „wundervoll“. Aber auch zu sehen, wie sich Menschen liebevoll ansehen, oder ein Baby strahlt. Ach, die Welt ist voll mit Wunderbarem, das mich berührt.

Und ich kann mich ganz plump in Computer-Spielchen verlieren. Ich kann mich in einer Textstrecke wie dieser verlieren, in der Produktion einer Miniserie an Dirndln oder der Anfertigung eines Abendkleides. In einem Puzzle, einem Buch, einem guten Gespräch, dem Blick Richtung Bahngleise, einer Wanderung oder einem guten Essen. In der Zeit mit einem lieben Menschen.

„Sich zu verlieren, sind das nicht die Momente, in denen wir einfach nur leben? Ohne an gestern und morgen zu denken?“

Garnrollen

Puh! Ich habe da gar kein Ranking auf dem Schirm meiner bewegesten Momente im Leben … Aber, was mich völlig von den Socken gehauen hatte, als ich im April 2015 am Münchner Viktualienmarkt Coco verloren hatte. Der hatte keinen Bock, dass er dauernd uns nach musste und ging seiner Wege. In Erlangen wäre mir das egal. Da trifft man sich spätestens um 18 Uhr vor der gemeinsamen Haustür. Aber in München? Am Viktualienmarkt?

Nach einer Stunde Suchen musste ich mich mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass Coco weg ist. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Die Vernunft sagte, es macht keinen Sinn weiter zu suchen. Das Gefühl sagte: Suchen, ist das einzige, was Du tun kannst – also such weiter!Ich bin dann einfach noch in die letzte nicht eingeschlagene Richtung gegangen. Das bedeutete Straßenseite wechseln und auf einem Schotterweg an einer grauen Baustellenmauer entlang. Eigentlich nichts, was für Coco interessant ist. Doch ich wusste, hinter der Schrannenhallt ist die Blumenstraße und auf der gegenüberliegenden Seite ist nochmal eine Gastro mit Biergarten. Das ist ein Ort, da würde Coco hingehen.

Vor dem Biergarten parkte ein Polizeifahrzeug. Yeah! Die Herren wollte ich befragen, was ich in Sachen Coco Sinnvolles tun könne. Ui! Jetzt aber schnell! Die beiden standen vor einem Hauseingang und warteten offensichtlich darauf, dass man ihnen die Haustür öffnete! Ich spurtete über die Straße auf die beiden Polizisten zu …

… und sehe – Coco sitzt vor der Haustür! Dann wurde es ein bisschen peinlich 🙂 Ich war so froh und erleichtert, dass ich dem Polizisten, der mir näher stand einfach um den Hals gefallen bin um dann von einem Heulkrampf geschüttelt in die Knie zu gehen.Als Coco sah, dass die Polizisten „Freunde“ sind – sonst hätte ich die ja nicht umarmt 🙂 – futterte der die Bifi auf, die sie ihm als Lockmittel angeboten hatten. Es stellte sich also heraus, dass Kinder Coco alleine gesehen haben und die Polizei informiert hatten. Da sich Coco nicht von Fremden anfassen lässt auch kein Futter annahm, warteten die Polizisten also auf die Verstärkung aus dem Tierheim, die mit Kescher unterwegs war. Die Herren von der Polizei waren sichtlich erleichtert das Problem „Coco“ so einfach gelöst zu haben, Coco war sichtlich fertig mit den Nerven und schlief den Rest des Tages und ich war sooo unsagbar glücklich, dass das kleine Fellknäuel unversehrt wieder bei mir gelandet war.

Was sind aktuell persönliche Baustellen?

Ich kämpfe immer wieder und immer noch damit „nicht gut genug zu sein“ – es wird zwar besser, aber da ist auch noch viel Luft nach oben. Ich glaube auf diesen einen Glaubenssatz lassen sich meine Problemchen zusammen ziehen. Wann immer ich in Situationen komme, die nicht „gut“ sind – das Leben gibt mir also eine neue Chance zu lernen – hat das immer wieder mit genau damit zu tun. Egal wie unterschiedlich die Situationen aussehen. Also bastel ich noch an dem Thema.

Was hast Du als Nächstes vor?

Oh! Immer ganz viel 🙂

Nichts tun – entspannen – ein Abendkleid für das Schlossgartenfest nähen – eine Modenschau für den Tag der Altstadt organisieren – mit Felix bei „geschickt eingefädelt“ mit fiebern – auf dem Comic-Salon in Kostüm und Maske rumhüpfen – in ein paar Tagen an „Wine & Diue“ in meinem Lieblingsrestaurant „Muskat“ teilnehmen…

Und ich wünsche mir noch … irgendwann doch noch meinem Wunschpartner über den Weg laufen 🙂

Zu guter Letzt möchte ich den euch allen mitgeben:

Der eigene Bauch ist der beste Ratgeber. Das Leben ist schön.

Gerne könnt ihr mich über Mail erreichen:

atelier@spitz-massdesign.de